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Cartographica Helvetica


Zusammenfassung

Peter H. Meurer und Günter Schilder:

Die Wandkarte des Türkenzuges 1529 von Johann Haselberg und Christoph Zell

Cartographica Helvetica 39 (2009) 27–42

Zusammenfassung:

Im Mai 1529 begann Sultan Süleyman I. einen neuen Feldzug in Richtung des nördlichen Balkan. Sein Ziel war die Eroberung Ungarns, das nach dem Tod König Ludwigs II. 1526 von den österreichischen Habsburgern beansprucht wurde, für das Osmanische Reich. Die Armee marschierte von Konstantinopel über Belgrad bis Buda, das am 8. September 1529 eingenommen wurde. Es folgte die erste, erfolglose Türkenbelagerung Wiens vom 23. September bis 14. Oktober 1529.

Diese Ereignisse waren der Anlass für die Edition einer bisher unbeschriebenen Wandkarte (Holzschnitt mit Beschriftung in Typendruck, 6 Blätter, 98,5 x 62 cm), die 1530 in Nürnberg erschienen ist. Das einzige bekannte Exemplar wurde 2007 in einem vielbändigen Sammelatlas der Schlossbibliothek von Holkham Hall in Norfolk/England entdeckt. Hauptthema der Karte ist die bildhafte Darstellung des Kriegstheaters entlang der Donau von Konstantinopel bis Wien. Im Weiteren wird der historisch involvierte Raum von Russland bis zum östlichen Mittelmeer mit Jerusalem gezeigt. Ein zugehöriges Beiheft mit dem Titel Des Türckischen Kaysers Heerzug erläutert die Ereignisse des Jahres 1529 und die zeitgenösssische Stimmung im christlichen Mitteleuropa mit dem Aufruf zu einem neuen Kreuzzug.

Autor der Karte ist der von der Bodenseeinsel Reichenau stammende Johann Haselberg (nachweisbar 1514–1537). Während seines unsteten Lebens war er als humanistischer Schriftsteller und Wanderverleger in zahlreichen deutschen und niederländischen Städten tätig. Haselbergs Partner bei dieser Edition war der Nürnberger Kaufmann und Amateurverleger Christoph Zell (†1544), der anschliessend noch vier andere Karten publiziert hat.

Das topographische Bild zeigt etliche Irrtümer und starke Verzerrungen, aber auch einige hochinteressante Details. Es ist entworfen durch Kompilation mehrerer zeitgenössischer Karteneinblattdrucke, die heute zum Teil verloren sind. Von dem Beiheft erschien 1531 eine zweite Auflage in Erfurt. Die Edition einer zugehörigen zweiten Auflage der Karte ist aber fraglich. Laut einer Sekundärquelle, dem Catalogus auctorum des Abraham Ortelius von 1570, hat der Antwerpener Verleger Hans Liefrinck um 1540 eine weitere Auflage publiziert, von der bisher kein Exemplar bekannt ist.


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